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Zu Beginn der letzten Woche ist der Vorstand des Niedersächsischen Altphilologenverbandes auf die Überlegungen im Kultusministerium, auch für Gymnasiasten in der künftigen Einführungsphase die Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache abzuschaffen, aufmerksam geworden und hat sich umgehend mit verschiedenen Schreiben an Kultusministerium, Philologenverband und Presse gewandt, um die Position des NAV deutlich zu machen und sich gegen eine Politik zu stellen, die für die gymnasiale Bildung in unserem Bundesland in mehrfacher Hinsicht eine Katastrophe wäre.

Sichere Sprachkompetenz ist in unserem heutigen Europa nötiger denn je

Es kann nicht im Interesse der Landesregierung liegen, einen Bereich der gymnasialen Bildung zu schwächen, der im Zuge eines mehr und mehr zusammenwachsenden Europa und im Zeitalter der Globalisierung immer weiter an Bedeutung gewinnt. Im fremdsprachlichen Oberstufenunterricht wird nämlich nicht nur die Kommunikationsfähigkeit geschult, sondern darüber hinaus auch die interkulturelle Kompetenz vermittelt, die ein Verständnis und eine Akzeptanz anderer Länder und Kulturen schafft. Die klassischen Sprachen Latein und Altgriechisch leisten dazu einen wesentlichen Beitrag und fördern zudem ein Bewusstsein für unsere gemeinsame europäische Kulturtradition.

Nicht nur zwei Sprachen, sondern besser auf der Basis mindestens einer alten Sprache zusätzlich zur Kommunikationssprache Englisch noch eine weitere moderne Sprache

Einer der wichtigsten Gründe für die begrüßenswerte Rückkehr zum 9-jährigen Gymnasium war die Tatsache, dass Niedersachsen durch die erhöhte Belastung der Schüler im 8-jährigen gymnasialen Bildungsgang einen großen Rückgang bei der Anwahl der dritten Fremdsprache zu verzeichnen hatte.
Wenn jetzt statt zum Erlernen von drei Fremdsprachen zu ermuntern sogar geplant wird, die Verpflichtung abzuschaffen, im Jahrgang 11 mindestens zwei Fremdsprachen zu belegen, so handelt es sich dabei um eine mit den Anforderungen an ein Leben in einer globalisierten Welt und einem zusammenwachsenden Europa nicht zu vereinbarende Absenkung der Abituranforderungen - und dies vermutlich aus rein fiskalischen Gründen, nämlich um die für ein wirklich modernes Abitur mit intensiver Kenntnis moderner und antiker Literatur notwendigen Lehrerstunden nicht bezahlen zu müssen.

Es besteht die Gefahr, dass dem sprachlichen Profil die Schüler entzogen werden

Wenn Schüler sich vor der Einführungsphase vorschnell entscheiden, keine zweite Fremdsprache weiterhin zu belegen, besteht für sie bei der anstehenden Profilwahl für die Qualifikationsphase keine Möglichkeit mehr, sich für ein sprachliches Profil zu entscheiden. Aufgrund der vordergründigen Argumente zur „fehlenden Verwendbarkeit“ hätte ein Wegfall der Belegungsverpflichtung für die klassischen Sprachen katastrophale Folgen. Hier müsste um die Fortführung von Latein und Griechisch in der Sekundarstufe II gebangt werden. Da aber das Bildungspotenzial der alten Sprachen besonders auch in der intensiven Auseinandersetzung mit den antiken Autoren im Original liegt, gäbe es auch hier Einschränkungen in zentralen Aspekten der Bildung.

Für die Schülerinnen und Schüler würde es hinsichtlich der klassischen Sprachen auch bedeuten, dass Graecum und einige Latinumsqualifikationen, die ggf. für das Studium benötigt werden, nicht mehr an der Schule erworben werden könnten, weil die Lehrerstunden dafür nicht zur Verfügung gestellt würden.

Im Sinne einer qualifizierenden Vorbereitung auf Universitätsbesuch und eine moderne internationale Arbeitswelt sowie im Sinne der Entwicklung eines Verständnisses unserer kulturellen Herkunft, die ein unverzichtbarer Bestandteil gymnasialer Bildung ist, sollte von diesen Plänen unbedingt Abstand genommen werden.

Der Niedersächsische Altphilologenverband