Sehr frühzeitig hat der NAV in seiner Stellungnahme vom 14.07.2015 die Kultusministerin darauf hingewiesen, dass durch die Neuregelung des Fahrtenerlasses und die nur geringe Budgetaufstockung für Schulfahrten und Fortbildungen die Gefahr besteht, dass viele Schulen ihr traditionelles Fahrtenprogramm nicht mehr realisieren können. Das betrifft nicht nur die Klassenfahrten zu den im Erlass vorgesehenen Schuljahren, sondern insbesondere auch kostenintensive Fahrten wie Austausche und Studienfahrten.
Während im ersten Jahr nach Einführung des Fahrtenerlasses in den Gymnasien aufgrund der fast landesweiten Aussetzung der Schulfahrten bei den entsprechenden Budgets noch Rücklagen zur Verfügung standen, wird den Gymnasien in Niedersachsen zunehmend bewusst, dass die Haushaltsmittel nicht ausreichen, um die Erwartungen der Schüler, Eltern und auch Lehrer an die Fahrten- und Austauschangebote der Schule zu erfüllen.
Das eröffnet viele – aus unserer Sicht – unzulässige Wege, Fahrten doch noch zu realisieren: Nach unseren Recherchen gewähren Schulleitungen innerhalb der festgelegten Fahrtenwoche neben den offiziellen Schulfahrten sowohl den Lehrkräften als auch den Schülerinnen und Schülern Unterrichtsbefreiung, damit Privatfahrten durchgeführt werden können, die Kolleginnen und Kollegen dann selbst zu finanzieren haben. Oder Schulleitungen nehmen aus dem Budget für die Gestaltung des Ganztagsangebotes Finanzmittel zur Finanzierung von Fahrten. Andere Schulleitungen lassen sich von den Reiseveranstaltern um 50% reduzierte Teilnahmepreise für Lehrkräfte anbieten, um geringere Kosten erstatten zu müssen. Andernorts werden Kolleginnen und Kollegen gebeten oder gedrängt, freiwillig auf einen Teil der Kostenerstattung zu verzichten.
Bitte melden Sie uns, ob an Ihrer Schule Studienfahrten in Sek I oder Sek II weiterhin stattfinden und Ihre dabei entstehenden Kosten auch entsprechend erstattet werden.
Das hilft uns, unser Vorgehen auf politischer Ebene zielgerichteter zu organisieren.
Zudem ist an vielen Stellen eine große Unsicherheit zu erleben hinsichtlich des Umgangs mit den üblicherweise für die Schulfahrten angebotenen Freiplätzen. Laut Erlass ist derzeit eine Annahme der Freiplätze durch die Schule zulässig, aber sie können nur „von sonstigen Begleitpersonen, die nicht im Landesdienst stehen, in Anspruch genommen werden“. Dadurch ist eine Nutzung der Freiplätze durch die Schule für die Erstattung der Kosten der Lehrkräfte offenkundig nicht vorgesehen.
Aus der Sicht des NAV liegt in der Freiplatzregelung ein möglicher Schlüssel, der aktuell drastischen Reduzierung der Fahrten aufgrund fehlender Finanzierbarkeit der Kostenerstattung zu begegnen. In der bis zum Jahr 2014 gültigen Erlasslage zu Schulfahrten wurde die Nutzung der Freiplätze zur Kompensierung von Lehrerkosten bei den Fahrten ausdrücklich vorgesehen – Voraussetzung war Transparenz über dieses Vorgehen im Rahmen der Elterninformation.
In anderen Bundesländern sind die Freiplätze ausdrücklich für die Kostenreduzierung der begleitenden Lehrkräfte zu nutzen. So sollen in Berlin Freiplätze zur Minderung der Dienstreisekosten soweit wie möglich in Anspruch genommen werden (Ausführungsvorschriften zu Veranstaltungen der Schule vom 09. 12. 2013, Nr. 5.4). In Rheinland-Pfalz sind die ausdrücklich für Aufsichtsführende (d.h. Lehrkräfte) zur Verfügung gestellten Freiplätze in jedem Fall in Anspruch zu nehmen, um die zu erstattenden Übernachtungskosten zu mindern. (Verwaltungsvorschrift „Reisekosten-vergütung für Lehrkräfte an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen aus Anlass von Schulfahrten“ vom 23. Juli 2003 (GAmtsbl. S. 634))