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Stellungnahme des Niedersächsischen Altphilologenverbandes im Rahmen des zweiten Anhörungsverfahrens zur Änderung untergesetzlicher Regelungen VO-GO und AVO-GOBAK sowie der EB-VO-GO und EB-AVO-GOBAK

Der Niedersächsische Altphilologenverband begrüßt ganz ausdrücklich die durch die Schulzeitverlängerung am Gymnasium beabsichtigte Reduzierung der Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die zeitlich entzerrte Verteilung des Lernstoffes. Der NAV beklagt aber und kritisiert in aller Deutlichkeit, dass der Entwurf der VO-GO an vielen Stellen auch zu einer Reduzierung der Leistungsanforderungen und zu einer Entwertung von Leistungsbereitschaft führt. Dadurch wird die Qualität der gymnasialen Bildung nachhaltig Schaden nehmen. In der Folge werden sich die Zukunftschancen unserer niedersächsischen Abiturienten im Bundes- oder im internationalen Vergleich merklich verschlechtern.

Der NAV appelliert ausdrücklich, sich dem Verfall der Lernkultur, der im achtjährigen Gymnasium z.T. durch fehlende Lernzeit für eine sorgfältige Vor- und Nachbereitung des Unterrichts „erzwungen“ war, entgegenzustellen, anstatt durch bewusste schulpolitische Entscheidungen die Entwertung der Bildung voranzutreiben bei gleichzeitiger Inflation der Vergabe guter und sehr guter Noten.

Im Einzelnen nimmt der Niedersächsische Altphilologenverband zu folgenden Punkten Stellung:

1. Zur Vergabe der Latina

Der Niedersächsische Altphilologenverband begrüßt die Entscheidung, an der Vielfalt der Latinumsqualifikationen festzuhalten und die Verleihung der einzelnen Latina zeitlich so gestaffelt festzulegen, dass die Anforderungen in der zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit erreichbar sein sollten.

Hinsichtlich der Vergabe der Latinumsabschlüsse besteht aber aufgrund nicht eindeutiger Regelungen noch die Gefahr von Missverständnissen:

Zu den Ergänzenden Bestimmungen der AVO-GOBAK, Anlage 3 (zu Nr. 16.4) (Mindestvoraussetzungen zum Erwerb eines Latinums, des Graecums und des Hebraicums in der gymnasialen Oberstufe und im Beruflichen Gymnasium bei durchgängig erteiltem Unterricht) sowie zur VO-GO, Anlage 1 (zu § 8.1)

  1. Der Niedersächsische Altphilologenverband weist darauf hin, dass der in der Einführungsphase beginnende Latein- oder Griechischunterricht in den drei Jahren der Einführungs- und Qualifikationsphase jeweils vierstündig erteilt werden muss, um zu den in der KMK-Vorgabe formulierten Anforderungen gelangen zu können. Diese Vierstündigkeit sollte ausdrücklich in der entsprechenden (d.h. dritten) Zeile der Anlage 3 zu Nr. 16.4 der EB zur AVO-GOBAK vermerkt werden, damit aus der Stundenzuweisung zu gA-Kursen (VO-GO, § als viertes und fünftes Prüfungsfach können nur Fächer gewählt werden, die dreistündig unterrichtet werden.“) keine Missverständnisse entstehen.
  2. Ähnliches gilt für die zweite Zeile der Anlage 3. Da nur für die Stundentafel 2 durch die dortige Fußnote 3 für den Profilunterricht geregelt ist, dass Latein und Griechisch in den drei Jahren der Schuljahrgänge 8-10 vierstündig zu erteilen ist, die für die Latinumsabschlüsse erforderliche Vierstündigkeit aber nicht ausdrücklich auch für den Wahlunterricht (in den Stundentafeln 1 und 2) festgeschrieben ist, sollte nun an dieser Stelle der notwendige Hinweis erfolgen. Somit wäre es aus Sicht des Niedersächsischen Altphilologenverbandes sinnvoll, in der Zeile 2 in der ersten Spalte durch eine Fußnote zu regeln, dass der Unterricht in den Schuljahrgängen 8-10 und auch in 11 vierstündig erteilt worden sein muss. Damit wäre auch - aber auch nur - vierstündiger Wahlfremdsprachunterricht nach Stundentafel 1 in die Regelung der Latinumsabschlüsse eingeschlossen.
  3. Ferner wiederholt der Niedersächsische Altphilologenverband seine Bedenken, dass bei einem Beginn der zweiten Fremdsprache erst in Jahrgang 7 nicht erwartet werden kann, dass die Schüler mit der Versetzung in die Einführungsphase die Voraussetzungen für das Kleine Latinum erfüllen werden. Während Schüler am Gymnasium üblicherweise ab Jahrgang 6 die zweite Fremdsprache erlernen und somit ein Jahr länger Zeit haben, die Latinumsvorgaben zu erreichen, bedeutet dies für Schüler an Gesamtschulen, wo Latein ab Jahrgang 7 erteilt wird, erhebliche Erschwernisse. Bei einem Beginn von Latein im Jahrgang 7 sollten daher die Anforderungen des Kleinen Latinums (Texte im Schwierigkeitsgrad von Caesar) erst am Ende der Einführungsphase an die Schülerinnen und Schüler gestellt werden und somit auch das Kleine Latinum erst dann verliehen werden, Entsprechendes sollte für das Latinum (Ende des 12. Jahrgangs) und das Große Latinum (Ende des 13. Jahrgangs) gelten.

2.Zur Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO), § 8

Der Niedersächsische Altphilologenverband begrüßt die in der VO-GO in § 8.2 festgeschriebene Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache in der Einführungsphase.

Mit großer Besorgnis sieht der Niedersächsische Altphilologenverband allerdings die dem Schulvorstand eingeräumte Möglichkeit, die Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache in der Einführungsphase aufzuheben und durch ein Wahlpflichtangebot zu ersetzen (§ 8.3.1). Sollte der Schulvorstand die Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache aufheben, muss allerdings in jedem Fall sichergestellt sein, dass alle in der Jahrgangsstufe 6 begonnenen Pflichtfremdsprachen in der Einführungsphase fortgeführt werden. In diesem Sinne ist VO-GO § 8.3.5 zu verändern.

Begründung:

Grundsätzlich steht durch die Möglichkeit, die Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache in der Einführungsphase aufzuheben, zu befürchten, dass die Fremdsprachen im Vergleich zu allen übrigen Fachbereichen, insbesondere zu den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, in Randlage gedrängt werden. Die Bedeutung von Mehrsprachigkeit in einer globalisierten Welt ist hinlänglich bekannt. Insofern sollte auch die Kultuspolitik dafür Sorge tragen, dass die Breite des schulischen Sprachenangebots auch in der Qualifikationsphase fortgeführt werden kann und nicht die Gefahr einer Einengung des Sprachenprofils auf die Fächerkombination Deutsch und Englisch besteht.  

Im Falle der Befreiung von der Verpflichtung zur zweiten Fremdsprache muss die Schule gewährleisten, dass alle Schülerinnen und Schüler die von ihnen in Klasse 6 gewählte zweite Fremdsprache auch in der Einführungsphase fortsetzen können. Die Verpflichtung der Schule zur Fortführung nur einer zweiten Fremdsprache würde alle Schüler benachteiligen, die eine andere als diese belegt haben. Für Lateinschüler könnte dies bedeuten, dass ihnen der Latinumsabschluss, der am Ende der Einführungsphase vergeben wird, verwehrt würde.

3.Zur Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO), § 10.2.2 und § 11.2.2 sowie Anlage 2 (Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe: Schwerpunkte und Unterrichtsfächer sowie Belegungsverpflichtungen)

Der Niedersächsische Altphilologenverband regt an, bei der Neufassung der VO-GO anstelle der Rückkehr zu 5- und 3-stündigen Kursen die Vierstündigkeit aller Prüfungskurse, sowohl auf erhöhtem wie auf grundlegendem Niveau, beizubehalten.

Begründung:

Eine Differenzierung der Niveaustufen in den Kursen ist auch bei gleicher Stundenzahl möglich. Die Erfahrung zeigt, dass für eA-Kurs-Schüler auch bei vier Stunden genügend Raum zur Vertiefung bleibt, während gA-Kurs-Schüler in Prüfungskursen häufig eine vierte Stunde für zusätzliche Übungsmöglichkeiten und Festigung der Kompetenzen benötigen.

Zu bedenken ist bei der Stundenzuweisung für gA-Kurse, dass bei einer im Jahrgang 11 neu beginnenden Fremdsprache für den Unterricht in den Jahrgängen 11, 12 und 13 die Vierstündigkeit der Sprachkurse ohnedies vorgeschrieben ist, sofern damit die Belegungsverpflichtung in Jahrgang 11 erfüllt wird - was immer bei einigen Schülern der Fall sein wird (VO-GO, Anlage 1, Fußnoten 1 und 3).

Außerdem macht die Differenzierung in 5- und 3-stündige Kurse die Mitunterrichtung von gA-Schülern in eA-Kursen unmöglich und würde damit aufgrund der üblichen Anwahlzahlen dazu führen, dass ein eigener Schwerpunktkurs nicht mehr eingerichtet werden könnte, was der Intention des verbindlichen Angebots des sprachlichen Schwerpunktes in der Qualifikationsphase an allen Gymnasien widerspräche (NSchG § 11, Abs. 3, Satz 3). Gerade Schulen, die in der Mittelstufe ihren Schülern ein breites Bildungsangebot eröffnen, können bei der Wahl für die Oberstufenkurse selten für diese Angebotsbreite auf zwei unterschiedlichen Niveaustufen Schülerzahlen in Klassenstärke gewinnen. In der Folge kämen nach den neuen Stundenzuweisungen - abgesehen von Englisch - kaum Kurse in Fremdsprachen zustande.

Schließlich lässt sich - besonders angesichts des weit verbreiteten Doppelstunden-modells - rein schulorganisatorisch die Vierstündigkeit leichter umsetzen. Auch die Kerncurricula für die Gymnasiale Oberstufe sämtlicher Fächer sind auf eine Vierstündigkeit ausgelegt.

4.Zur Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO), § 10.2.1.2

Der Niedersächsische Altphilologenverband regt an, den Schülerinnen und Schülern bei der Neufassung der VO-GO größere Wahlmöglichkeiten zu eröffnen, indem beim Musisch-künstlerischen Schwerpunkt als 2. Prüfungsfach neben Deutsch oder Mathematik auch eine Fremdsprache wählbar ist.

Begründung:

Für die Einbringungsverpflichtungen der Schülerinnen und Schüler ergibt sich durch die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten kein Unterschied, da Deutsch, Mathematik und Fremdsprache auf der gleichen Anforderungsebene liegen, indem verpflichtend zwei dieser drei Fächer Prüfungsfächer sein müssen. Dieser Zusatz würde den Schülerinnen und Schülern ein größeres Maß an Freiheit für die individuelle Schwerpunktsetzung gewähren.

Eine Ersetzbarkeit innerhalb eines A-Faches entspricht zudem eher der konzeptionellen Anlage des Musisch-künstlerischen Profils. Gerade die Alten Sprachen leisten hier einen wertvollen Beitrag, indem sie ein Bewusstsein für die Gemeinsamkeit der europäischen Kulturtradition hervorbringen. So stellt das Fach Latein aufgrund seiner Bedeutung beispielsweise in der Kirchenmusik sowie sowohl für sakrale als auch säkulare Kunst und Architektur eine wesentliche Bereicherung für musisch-künstlerische Erkenntnis-interessen dar.

5.Zu den Ergänzenden Bestimmungen zur Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (EB-VO-GO), Nr. 10.8

Unter Bezugnahme auf die allgemeine Einführung zu seiner Stellungnahme äußert der Niedersächsische Altphilologenverband ausdrücklich seine Bedenken dazu, dass in den Abiturprüfungsfächern für das dritte Schulhalbjahr der Qualifikationsphase die Zahl der Klausuren von zwei auf eine reduziert werden soll.

Begründung:

In Vorbereitung auf die Abiturprüfung sollten in schriftlichen Prüfungsfächern die Übungsmöglichkeiten für die Prüfungsklausur nicht verringert werden. Gerade im dritten Schulhalbjahr der Qualifikationsphase liegt häufig die Klausur, die in Art und Umfang auf die Abiturklausur vorbereitet. Diese Klausur als einzige schriftliche Leistung im dritten Schulhalbjahr würde für die Schüler den Leistungsdruck vergrößern, da im Falle eines nicht zufriedenstellenden Abschneidens eine Kompensation durch eine zweite Klausur fehlen würde.